Page 33 - Bei uns in NRW - Das Magazin der CDU Nordrhein-Westfalen
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rechts-nationale Gruppierung in der nordrhein-westfälischen AfD trotz der Niederlage Röckemanns haben dürfte.
Da jedoch die Doppelspitze abgeschafft wurde, führt also Lucas- sen den Landesverband allein. Der Mann, der in der Pose eines Offiziers – Rücken gerade, Brust heraus – vor die Delegierten trat, versuchte sich sprachlich als gemäßigt darzustellen.
Doch was will Lucassen wirklich? Wie ist er einzuordnen? Und halten die eingangs erwähnten Schlagzeilen einem Realitäts- scheck stand? Ist Lucassen so gemäßigt, wie er tut?
„Er kokettierte mit seiner Soldatenvergangenheit, weil die in AfD-Kreisen gut ankommt“, schrieb die WAZ. „Im militärischen Jargon“ habe er die Partei auf den Kommunalwahlkampf in Nordrhein-Westfalen eingestimmt und für „preußische Tugen- den geworben“. – Ein durchschaubarer Versuch, die Normenleh- re der Bundeswehr für parteipolitische Zwecke am rechten Rand zu missbrauchen.
Eine klare Absage an den ultrarechten „Flügel“ erteilte er jedoch nicht. Vielmehr signalisierte er allen Parteiströmungen Gesprächs- bereitschaft. Eine Auseinandersetzung mit dem „Flügel“ sei „nötig und sinnvoll“. Er sei aber keinem Lager zuzuordnen, betonte Lucas- sen. Zugleich verwahrte er sich dagegen, den Kurs der AfD in Ost- deutschland auf den Westen zu übertragen. Solche Denkweisen zeugten von „grenzenloser Naivität“, sagte er laut WAZ.
Ein Widerspruch oder gar ein Konfrontationskurs zu Leuten wie Björn Höcke und Andreas Kalbitz, die „ihre“ rechtsextreme AfD gen Westen exportieren möchten – danach klangen Lucassens Aussagen zunächst. Doch Vorsicht! Wer glaubt, die NRW-AfD habe sich plötzlich in eine harmlose Partei verwandelt, der liegt schief, kommentierte die WAZ. „Moderat soll nämlich nur das Auftreten der AfD sein, damit Wähler im Westen nicht abge- schreckt werden. Der schneidige Oberst, der jetzt die Landes- partei führt, ist nach außen besser vermittelbar als die plumpe Aggressivität anderer Protagonisten.“
Hinter der freundlicheren Verpackung steht mutmaßlich also derselbe verstörende Inhalt. Lucassen selbst offenbarte beim Parteitag in Kalkar dann auch: Er werde Björn Höcke im Land- tagswahlkampf in Thüringen unterstützen! – Spätestens nach diesem Satz dürfte klar sein, wohin Lucassen mit der NRW-AfD steuern will. Doch er geht die Sache geschickter an, zumal DER AfD-Wähler im Westen Wahlforschern zufolge auch ein ganz an- derer Typus ist, als der im Osten.
Zu der Vermutung „oberflächlich gemäßigt, hart im Kern“ passt auch die Aussage von Lucassens neuem zweitem Stellvertreter Martin Schiller. Dieser zitierte Medienberichten zufolge in Kal- kar die Mahnung des als tiefbraun geltenden AfD-Vordenkers Götz Kubitschek, die Partei könne im „Osten ins Horn stoßen“, müsse aber den „Westen mit feinen Flöten einstimmen“. Ein
Im Visier | 19 Bild, das mehr für den Rattenfänger von Hameln steht, als für
eine Partei, die dem Wähler auf Augenhöhe begegnet.
Lucassens erster Stellvertreter Matthias Helferich war übri- gens im Bundestagswahlkampf, so berichteten Medien, mit ei- ner Kornblume am Revers aufgetreten – dem Symbol der Nazis während ihres Verbots in Österreich. Aber das nur als Einschub am Rande.
Was Lucassen sich selbst für ein Image verpasst? Er stehe für einen national-konservativen Kurs – „wählbar für das bürger- liche Lager“.
„Bürgerlich“, da ist es wieder! Das zurzeit inflationär gebrauch- te Adjektiv, das sich die AfD selbst gern geben möchte.
Wenn vom Bürgertum oder von Bürgerlichkeit die Rede ist, kommen jede Menge Assoziationen auf: Man denkt an Ord- nung, Benimmregeln und gutbürgerliche Küche. Und diese Harmlosigkeit ist es, die die AfD ausstrahlen möchte. „Alexan- der Gauland nennt seine Leute ‚die Vertreter des Bürgertums in diesem Land‘, auch wenn Andreas Kalbitz sein halbes Leben in rechtsextremen Kreisen verbracht hat“, schreibt Spiegel on- line.
Die AfD ist nicht bürgerlich, ihre Sprache schon gar nicht. Sie ist spalterisch, hasserfüllt, aufwiegelnd: Ihre Rhetorik, zum Beispiel die Verschwörungstheorie einer angeblich geplanten „Umvolkung“, dient nur dem Zweck, die Bürger emotional auf- zuwühlen. Denselben Zweck verfolgt die Vermengung einzel- ner Verbrechen oder Unglücke beispielsweise zu einer „Welle von Messerangriffen“. Doch „Affekte schüren ist niemals bür- gerlich“, formuliert Spiegel online treffend. Differenzierung und Sachlichkeit – das sei im Sinne der Bürger.
Mit Blick auf den Anschlag des mutmaßlichen Rechtsextremis- ten in Halle, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen, erklär- ten führende Unions-Politiker wie Armin Laschet zurecht: „An- tisemitismus und Rechtsradikalismus beginnen nicht erst mit der mörderischen Tat, sondern schon bei menschenverachten- dem Denken und einer verhetzten Sprache.“ Die CDU-Partei- vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer nannte die AfD den „politischen Arm des Rechtsradikalismus“. Bundesinnenminis- ter Horst Seehofer sprach von „geistiger Brandstiftung“.
Ob die AfD in Nordrhein-Westfalen nun offen weiter nach rechts steuert oder die Bürger mit „feinen Flöten“ einfangen möchte – was gegen solche Anbiederungsversuche hilft: Zuhö- ren! Als Politiker überall präsent sein. In die kleinsten Veran- staltungen gehen, Wut versuchen aufzufangen und Antworten zu geben, ganz im Sinne der NRW-CDU mit Maß und Mitte, Sachlichkeit, Zahlen und Fakten. Um die vorgeblich „gemäßig- te, bürgerliche“ AfD zu enttarnen und die Bürger vor geistiger Brandstiftung zu schützen.
Bei uns in NRW 03/19