Laschet trifft Thomas Jarzombek

29.03.2021

Passend zum Thema Modernisierungsjahrzehnt hat sich Armin Laschet für die neue Ausgabe des Mitgliedermagazins mit Thomas Jarzombek getroffen. Der Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete ist seit dem Jahr 2019 Beauftragter des Bundeswirtschaftsministeriums für die Digitale Wirtschaft und Start-ups. Schon seit 2018 ist er zudem Nationaler Koordinator der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt. Seine besondere Affinität für Technik und Digitales, die zu dieser ganz besonderen beruflichen Laufbahn geführt hat, hat der 47-Jährige schon früh entdeckt. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf tauschte er nach dem Vordiplom gegen die Gründung und den Aufbau seines eigenen IT-Unternehmens, deren geschäftsführender Gesellschafter er bis 2013 blieb. Er war Stadtratsmitglied und wurde 2005 in den Landtag von Nordrhein-Westfalen gewählt. Seit 2009 ist er Mitglied des Deutschen Bundestags, wo er zwischenzeitlich digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war.

Auch in der Partei ist Thomas Jarzombek ein Digitalisierungs-Pionier. Schon früh bearbeitete er das Thema für die Düsseldorfer CDU. 2012 gründete er gemeinsam mit dem späteren CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber das inzwischen viel beachtetete cnetz, einen der CDU nahestehenden digitalen Think-Tank. Bis heute führt er diesen digitalen Impulsgeber als einer der beiden Sprecher. Sein Zuhause hat Thomas Jarzombek weiterhin in seiner Geburtsstadt Düsseldorf. Dort wurde er 1991 CDU-Mitglied und 2014 als Nachfolger von Klaus-Heiner Lehne Kreisvorsitzender. Für das Gespräch mit Armin Laschet hat sich der engagierte Digitalpolitiker per Videokonferenz aus Berlin zugeschaltet. 

Armin Laschet: Lieber Thomas, als Du Dich vor fast 20 Jahren als IT-Berater selbstständig gemacht hast, war nicht nur eine Corona-Pandemie, sondern auch eine Videoschalte, wie wir sie gerade machen, undenkbar. Hättest Du damals gedacht, dass die Digitalisierung einen solchen Schub erleben würde? 

Thomas Jarzombek: Tatsächlich war ich als Jugendlicher das, was man wohl einen „Computer-Freak“ nennen würde. Auf jeden Fall war ich von Technik immer begeistert und hatte schon früh das Ziel, mich mit der Arbeit mit Computern selbstständig zu machen. Insofern kann man schon sagen, dass für mich klar war, dass das ein faszinierendes Thema mit viel Potenzial ist. Wie

schnell und bedeutungsvoll sich dann aber alles entwickeln würde, habe auch ich nicht geahnt.

Du warst damals Anfang 20 und hast Dich noch vor dem Ende Deines Studiums selbstständig gemacht. Was war für diesen besonderen Schritt auschlaggebend?

Wie bei vielen Unternehmern hat sich für mich damals zufällig eine Chance ergeben, die ich dann genutzt habe. Ich hatte die Möglichkeit bekommen, bei einer großen Personalberatung eine IT-Umstellung zu machen. Daraus haben sich dann immer wieder weitere Aufträge ergeben. Am Anfang habe ich das freiberuflich gemacht, dann sind wir aber weiter
gewachsen. 

Was haben Deine Eltern und Deine Freunde zu diesem Schrittgesagt?

Meine Eltern wussten damals noch nicht so richtig, was sie davon halten sollen (lacht), aber ich hatte viele in meinem Freundeskreis, die auch davon geträumt haben, sich selbstständig zu machen und beispielsweise Drehbuchautor oder Fotograf geworden sind – da war ich also gut aufgehoben. Auch heute bin ich noch mit vielen von ihnen im Kontakt. 

Hilft Dir Deine Erfahrung als Unternehmer bei Deiner politischen Arbeit?

Ja, sehr! Beispielsweise jetzt in dieser Corona-Phase verstehe ich aus den eigenen Erfahrungen gut, wie die Sorgen und Nöte von Freiberuflern und kleineren Unternehmen sind. 
Meine Firma hatte im Schwerpunkt Kunden, die oft eine Größe von etwa 5-25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hatten und vor ganz typischen Herausforderungen standen und
heute wieder stehen. Es ist auch eine wertvolle Erfahrung, im Unternehmen Personalverantwortung mit allen Herausforderungen – auch in schlechten Zeiten – erlebt zu haben. Zuletzt ist es natürlich auch inhaltlich von Vorteil, wenn man als Digitalpolitiker in der Technik sattelfest ist.

2005 hast Du Dein kommunalpolitisches Hobby zum Beruf gemacht. Du bist in den Landtag Nordrhein-Westfalen eingezogen, 2009 dann in den Deutschen Bundestag. Was war für Dich für den Schritt vom Rhein an die Spree ausschlaggebend?

Der Schritt in die Landespolitik war immer ein Traum, besondersals Düsseldorfer – wer hat schon ein eigenes Landesparlament in der Stadt (lacht)? Es war eine spannende Zeit, die ich
normalerweise sicher auch gerne fortgesetzt hätte. Aber als die damalige Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Hildegard Müller sehr unerwartet kurz vor der Aufstellungsversammlung
erklärte, nicht erneut antreten zu wollen, ergab sich hier eine Chance, Politik noch mehr gestalten zu können. Diese wollte ich nutzen und habe es bis heute nicht bereut. 

Gibt es ein politisches Projekt oder eine Initiative, auf die Du besonders stolz bist?
Vielleicht auch, weil es so aktuell ist, fällt mir da direkt der Zukunftsfonds ein, den wir mit dem Bundeshaushalt für das Jahr 2021 beschlossen haben und jetzt mit Leben füllen. Damit
investieren wir 10 Milliarden Euro staatliches und zusätzlich 20 Milliarden Euro privates Geld in Gründerinnen und Gründer. Damit wollen wir neue Technologien fördern, aber auch ausdrücklich die Tür für Herausforderer der etablierten Unternehmen öffnen. Start-ups und Disruption sind zentral für die Industrie der Zukunft. Nehmen wir zwei Beispiele:
Der erste Flug der NASA zur ISS von amerikanischem Boden seit fast zehn Jahren gelang mit SpaceX. Und auch bei dem Rennen um einen Corona-Impfstoff haben es Startups wie BioNTech und Curevac geschafft, nicht aber die Platzhirsche. Die größere Innovationskraft haben nämlich oft neue Akteure. Es ist meine Leidenschaft, diese Herausforderer
und neue Ideen zu unterstützen. Damit schaffen wir zudem ein Gegengewicht zu der amerikanischen Überlegenheit, die sich auf dem Gebiet der Digitalwirtschaft gebildet hat.

Neben der Arbeit als Abgeordneter und Unternehmer hast Du 2012 mit dem cnetz einen Think-Tank mitgegründet, der gerade für die CDU ein immer wichtigerer Taktgeber geworden ist. Wie kam es dazu?

Peter Tauber und ich hatten damals das Problem, dass wir mit unserer Begeisterung für die Möglichkeiten der Digitalisierung ein bisschen als „Junge Wilde“ galten. Gestandene
Kultur- und Medienpolitiker betrachteten uns und Themen wie Social Media mit Argusaugen. Wir haben mit dem cnetz eine Plattform geschaffen, in der wir uns mit Gleichgesinnten zusammentun konnten, um Wege zu finden, die vielen Chancen der Digitalisierung für unsere Partei zu nutzen. Dafür haben wir glücklicherweise bundesweit sehr viel Zuspruch bekommen. In der letzten Zeit hat sich in unserer Partei beim Thema Digitalisierung vieles getan. Der digitale Parteitag im Januar war ein Meilenstein. Das hat noch keine
andere Partei so hinbekommen. Und auch in den Sozialen Medien sind wir von der Bundespartei bis zum Kreisverband vor Ort inzwischen in der ganzen Breite auf einem guten Weg. Das wird auch für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf wichtig sein, der nicht nur wegen Corona sicher sehr digital sein wird.

Ist Skepsis gegenüber der Digitalisierung eine Frage des Alters?
Nein, das denke ich nicht. Musterbeispiel ist da sicher unser ehemaliger Bundesminister Heinz Riesenhuber (lacht)! Es kommt auf das Alter im Kopf an und hier sind viele Ältere begeisterungsfähig wie Kinder – im positiven Sinne. In Düsseldorf haben wir auch bei der Analyse unseres erfolgreichen Kommunalwahlkampfs im vergangenen Jahr festgestellt, dass wir mit unserem gezielten Online-Wahlkampf über Facebook gerade viele Ältere erreicht haben. Begeisterung für Digitalisierung ist wahrscheinlich eher eine Frage der Neugier. Hinzu kommt,
dass Corona viele bei der Digitalisierung zu einem „Crashkurs“ gezwungen hat, die nun dabei bleiben werden. 

Neben der Digitalpolitik kümmerst Du Dich um die Luft- und Raumfahrtindustrie. Was sind in diesem Bereich Deine Arbeitsschwerpunkte und Prioritäten?

Die Luftfahrtindustrie ist eine ganz klassische Industrie mit mehr als einer Million Arbeitsplätzen, gerade auch Nordrhein-Westfalen ist hier stark. Was nicht immer so bekannt ist: Deutschland ist auch ein weltweit führender Standort für die Herstellung von Flugzeugen. So werden die meisten Flugzeuge der A320-Klasse von Airbus bei uns gebaut und entwickelt. Natürlich gibt es da gerade in dieser Corona-Phase viel zu tun, um durch die Krise zu kommen und sich für die Zukunft gut aufzustellen. Emissionsfreie Flugzeuge sind beispielsweise ein großes Thema. 2030 bis 2035 wollen wir die ersten elektrisch angetriebenen Flugzeuge auf Wasserstoffbasis auf den Markt bringen. Beim Thema Raumfahrt befinden wir uns gerade auf dem Sprung von einer Manufaktur zu einer boomenden Industrie. Was dabei möglich ist, zeigt uns Elon Musk in den USA, der beinahe wöchentlich Starts organisiert und für „Starlink“ (Ziel: weltweiter Internetzugang) in kurzer Zeit fast tausend Satelliten ins Weltall gebracht hat – und es sollen noch bis zu 40.000 werden. Damit verbunden ist ein großes technisches Potenzial, wo wir in Deutschland mit dabei sein wollen. Denn Digitalisierung ist der Treiber für vieles. Da sind wir dann auch wieder bei den Start-ups, die uns auf diesem Weg unterstützen sollen.

Das passt dazu, dass wir als Union ein Modernisierungsjahrzehnt für unser Land starten wollen. Der von Dir beschriebene Zukunftsfonds ist dafür sicher ein wichtiger Schritt. Was brauchen wir aus Deiner Sicht noch, um auf diesem Weg erfolgreich zu sein?
Klar brauchen wir schnellere Genehmigungsverfahren und weniger Bürokratie, um Innovationen zu fördern. Vor allem brauchen wir aber die grundsätzliche Mentalität, sich auf Neues einzulassen und dabei auch Risiken einzugehen. Nicht alles kann im ersten Moment perfekt funktionieren. Ohne eine solche, gesunde Einstellung wird man auch mit den tollsten politischen Initiativen am Ende nicht erfolgreich sein.

Vielen Dank, lieber Thomas, für dieses gute Schlusswort. Das denke ich auch und deshalb sollten wir nun alles dafür tun, dass die CDU in der nächsten Bundesregierung möglichst stark vertreten ist. Mit Rot-Rot-Grün wird es wohl kein Modernisierungsjahrzehnt geben. Auch Dir deshalb viel Erfolg für Deine erneute Kandidatur in Düsseldorf und Deine weitere Arbeit!

Dieser Artikel erschien zuerst im Mitgliedermagazin der CDU Nordrhein-Westfalen "Bei uns in NRW" (Ausgabe 01/2021).