16. Politischer Aschermittwoch: „Wer im Frühjahr Mist erzählt, wird zur Ernte abgewählt“

02.03.2017

Kirchveischede. Prall gefüllt war die Schützenhalle im sauerländischen Kirchveischede, in der vor 600 Gästen und musikalisch begleitet durch den Musikverein Bilstein der 16. Politische Aschermittwoch der CDU  Nordrhein-Westfalen stattfand. Gleich zu Beginn lenkte CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen den Fokus direkt auf die Landtagswahl am 14. Mai: „Wir werden gewinnen, weil wir gewinnen wollen. Armin, Du wirst ein guter Ministerpräsident werden, weil Du unser Land wieder zu einem Aufsteigerland machen wirst“, sagte er in Richtung des CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet, bevor dieser selbst ans Rednerpult trat.

Laschet: Solange Deniz Yücel in Haft ist, ist Erdogan in Deutschland unerwünscht

Armin Laschet richtete den Blick zunächst auf die aktuellen Geschehnisse in der Türkei und die Inhaftierung des „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel. „Solange Deniz Yücel im Gefängnis sitzt, ist Erdogan in Deutschland unerwünscht“, stellte Laschet unmissverständlich klar und erntete dafür großen Beifall der Zuhörer. Die Türkei habe sich in eine Richtung entwickelt, „die wir nicht mehr gutheißen können“, fuhr er fort. Die Inhaftierung von Yücel sei nicht akzeptabel und hinnehmbar. „Als Ministerpräsident würde ich alles versuchen, eine Erdogan-Veranstaltung in NRW zu verhindern“, erklärte Laschet und hielt noch eine Aufforderung für SPD-Außenminister Sigmar Gabriel parat: „Er muss in die Türkei fliegen und für die Freilassung Yücels kämpfen.“

Absage an Trumps Forderungen – Freihandel nötig für unseren Wohlstand

Den Forderungen des neuen US-Präsidenten Donald Trumps zur Einführung von Strafzöllen auf deutsche Autos erteilte Laschet eine klare Absage: „Wo soll das hinführen? 35 Prozent Strafzölle auf Starbucks-Kaffee in Deutschland? Oder auf Google? Ich wäre schon froh, wenn internationale Großkonzerne in Deutschland überhaupt Steuern zahlen würden.“ Im gleichen Atemzug machte er deutlich, wie wichtig der Freihandel ist: „Wir brauchen den Freihandel, denn davon hängt unser Wohlstand ab.“

Vorkommnisse in der Kölner Silvesternacht und Entwicklung der No-go-Areas hat NRW-Innenminister Jäger zu verantworten

Mit harscher Kritik nahm Laschet Bezug auf das Vorgehen der NRW-Landesregierung im Fall Amri. „Wieso ist Amri nicht in Haft genommen worden?“, fragte Laschet. Die Aussagen von NRW-Innenminister Jäger zum Fall Amri, dass man bis an die Grenze des Rechtstaats gegangen sei, „sind Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen. Wir brauchen ein Deutschland, in dem Gefährder nicht quer durch Deutschland reisen, sondern hinter Gittern sitzen.“ Auch in der Kölner Silvesternacht 2015 habe sich das Versagen von NRW-Innenminister Jäger ganz deutlich gezeigt. „In Köln kam es nur deshalb zu den ganzen Straftaten, weil von Anfang an niemand durchgegriffen hat“, kritisierte Laschet. Gleiches zeige sich bei den No-go-Areas, gerade im Ruhrgebiet. „No-go-Areas sind die Folge einer Landespolitik, die seit Jahren nicht da durchgreift, wo der Rechtsbruch stattfindet“, erklärte Laschet, der stattdessen forderte, „dass die Polizei von Anfang an null Toleranz zeigen muss und direkt durchgreift, wenn jemand den Rechtsstaat missbraucht.“

NRW darf nicht mehr Negativbeispiel für Populisten sein

Donald Trump habe in seinen Reden immer nur „Köln“ gerufen, und alle wussten, was gemeint war. „Ich will nicht mehr, dass NRW-Städte als Negativbeispiel für Populisten herhalten müssen. Wir wollen Vorbild sein“, erklärte Laschet. Auch die Einstufung der Länder Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten begrüßte er und wunderte sich zugleich, „wieso Baden-Württembergs Grünen-Ministerpräsident Kretschmann sich dafür einsetzt, aber Hannelore Kraft im Bundesrat diesbezüglich abtaucht?“

NRW-Regierung steht für verfehlte Schul- und Wirtschaftspolitik

NRW ist zudem in vielen Bereichen das Schlusslicht im Ländervergleich. Nirgendwo seien die Aufstiegschancen für Kinder so von der Herkunft abhängig wie in Nordrhein-Westfalen: „Der enorme Unterrichtsausfall an den Schulen ist ein Anschlag auf die Bildungschancen der Kinder“, machte Laschet auf die defizitären Bedingungen in den Schulen aufmerksam. Im Umgang mit der Inklusion versprach der CDU-Spitzenkandidat außerdem, „dass wir direkt ein Moratorium für Förderschulen beschließen werden, damit diese länger erhalten bleiben und wir so einen langsameren Übergang in den Regelschulbetrieb ermöglichen können.“

Auch das schwache Wirtschaftswachstum im Land habe die rot-grüne Landesregierung zu verantworten. Ebenso, dass es die Unternehmen in den ländlichen Regionen, wie zum Beispiel in Südwestfalen, immer schwerer hätten. „Wie kann die Landesregierung eine Region, die stark ist, schwach machen?“, fragte Laschet. Es könne nicht sein, dass die NRW-Regierung nur von oben herab bestimme. „Wir brauchen mehr kommunale Selbstbestimmung, auch für die örtliche Entwicklung der Unternehmen.“

Jäger hört den Menschen nicht mehr zu

Zum Abschluss seiner Rede knöpfte sich Laschet noch einmal Landesinnenminister Jäger vor. Dessen Fauxpas im Landtag, als er Mitte Februar sein Redemanuskript über die Fan-Gewalt in Fußballstadien vorab an die Medien verschickte und darin auf einen Redebeitrag der CDU reagierte, der noch gar nicht gehalten war, sorgte bei Laschet erneut für Kopfschütteln und bei ihm endgültig für die Feststellung, dass dem NRW-Innenminister eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Politikers abhandengekommen ist. „Den Menschen zuzuhören ist die wichtigste Fähigkeit, die ein Politiker haben muss. Wenn einem Politiker diese Fähigkeit abhandenkommt, dann ist er von der Arroganz der Macht erfasst.“

Der „Martin aus Würselen“ ist kein Sankt Martin

Die Versuche von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, dem „Martin aus Würselen“, sich als großer Wohltäter darzustellen, kritisierte Laschet in einem spöttischen Vergleich mit Sankt Martin: „Der eine hat seinen Mantel geteilt. Der andere will das Geld anderer verteilen.“ Auch bezüglich der kläglich gescheiterten Plakatkampagne von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks zu den „neuen Bauernregeln“ hatte Laschet noch einen Seitenhieb parat: „Wer im Frühjahr Mist erzählt, wird zur Ernte abgewählt.“

Zum Abschied hielt Armin Laschet noch ein Versprechen an die Gäste bereit: „Ich verspreche, dass zum nächsten Politischen Aschermittwoch 2018 wieder ein Ministerpräsident der CDU kommt“, so Laschet, der nach einer mitreißenden Rede mit Standing Ovations verabschiedet wurde.