Zu den heutigen Äußerungen von SPD-Innenminister Ralf Jäger bei WDR 5 zur Schleierfahndung erklärt der Generalsekretär der CDU Nordrhein-Westfalen, Bodo Löttgen:
„Grundrechtseingriffe in Deutschland unterliegen dem Vorbehalt des Gesetzes und dürfen daher nicht auf Grundlage von Erlassen vorgenommen werden. Aus diesem Grund fordert die CDU Nordrhein-Westfalen seit langem die gesetzliche Verankerung der verdachts- und anlasslosen Personenkontrolle (sogenannten „Schleierfahndung“) insbesondere zur Bekämpfung reisender, krimineller Banden. Entsprechende Anträge im Landtag wurden durch die Regierungsparteien SPD und B90/Die Grünen grundsätzlich abgelehnt. Neben Berlin und Bremen ist NRW das einzige Bundesland, dem eine gesetzliche Regelung für dieses Instrument der Verbrechensbekämpfung fehlt.
Noch in seiner Plenarrede am 16.03.2016 hatte sich Herr Jäger die ablehnende Haltung, begründet: „Eine völlig anlasslose Überprüfung – und nichts anderes ist die Schleierfahndung: […] ist mit unserer Auffassung eines Rechtsstaates und der Grundrechte, die dort verankert sind, eigentlich nicht vereinbar.“
Dennoch scheint es so, als würde der Innen- und Verfassungsminister dieses Landes auf eine solche parlamentsgesetzliche Ermächtigungsgrundlage verzichten.
In einem Telefoninterview mit dem Sender WDR5 erklärte Innenminister Ralf Jäger heute Morgen auf Nachfrage, dass „… es gar nicht erforderlich ist, eine solche Schleierfahndung ins Gesetz aufzunehmen, weil wir sie praktisch machen.“
Auf Nachfrage, dass dieses erfolgreiche Instrument in anderen Bundesländern den Beamten durch gesetzliche Festschreibung Rückendeckung gebe, sagte er „Ja genau, so haben wir es in Nordrhein-Westfalen vorgegeben per Erlass.“
Diese widersprüchlichen Äußerungen muss Herr Jäger schnellstmöglich aufklären! Ein Erlass kann niemals Grundlage für einen Grundrechtseingriff sein. Der Innenminister begibt sich in einen Widerspruch, den er nicht mehr aufzulösen vermag. Er stellt in seinem Handeln und seinem Reden wie immer das Gegenteil von Transparenz her. Er täuscht, trickst und blendet Parlament und Öffentlichkeit. Anstatt für rechtlich klare Verhältnisse zu sorgen und den Polizisten vor Ort wirksame Verbrechensbekämpfung mit rechtlich einwandfreien Werkzeugen zu ermöglichen, scheut der Innenminister wider besseres Wissen das normale Gesetzgebungsverfahren und wählt den Weg eines Erlasses, der gezielt am Parlament vorbei längst umgesetzt wird, der Polizei aber mitnichten Rechtssicherheit verschafft. Ein solcher Innenminister ist verfassungsjuristisch ein Hochrisiko und politisch weder für diese Koalition noch für das Land tragbar.
Hintergrund:
Eine Anhörung im nordrhein-Westfälischen Landtag am 08.09.2016 hat gezeigt, dass die Polizeigewerkschaften (GdP, DPolG und BdK) das Instrument der sogenannten Schleierfahndung insbesondere zur Bekämpfung reisender, krimineller Banden im Rahmen von Fahndungs- und Kontrollmaßnahmen als dringend notwendig eingestuft haben.
Der Forderung der CDU liegt die Annahme zugrunde, dass bedingt durch den Wegfall der Personenkontrollen an den EU‐Binnengrenzen und damit auch zu Belgien und den Niederlanden, Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren verstärkt von Straftaten mit grenzüberschreitendem Bezug betroffen sei. Belegt wird dies durch den Inhalt der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage Nr. 13 der CDU‐Fraktion zur Europäisierung der Polizeiarbeit in NRW (Drs. 16/8338, S. 16).
Plenardebatte vom 16.03.2016
Ralf Jäger: „Eine völlig anlasslose Überprüfung – und nichts anderes ist die Schleierfahndung: ein wahlloses Herausgreifen und Überprüfen von Personen, ein Durchsuchen dieser Personen ohne einen einzigen Anhaltspunkt, dass sie auch nur im Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben – ist mit unserer Auffassung eines Rechtsstaates und der Grundrechte, die dort verankert sind, eigentlich nicht vereinbar, meine Damen und Herren.“
Interview mit WDR5 am 30.11.2016
WDR 5: … Ihre Regierung ist aber gegen die sogenannte Schleierfahndung, also gegen das anlasslose, verdachtslose Kontrollieren. Warum eigentlich, wenn Sie doch genau wissen, nach welchem Typ Einbrecher und auch aus welcher Region, meist aus Osteuropa, Sie suchen?
Jäger: Weil es gar nicht erforderlich ist, eine solche Schleierfahndung ins Gesetz aufzunehmen, weil wir sie praktisch machen.
WDR 5: In anderen Ländern wird das sehr erfolgreich gemacht und ist auch so festgeschrieben, so dass die Beamten auch Rückendeckung haben, gesetzlich.
Jäger: Ja genau, so haben wir es in Nordrhein-Westfalen vorgegeben per Erlass. Es hat das Landeskriminalamt die Kreispolizei darüber unterrichtet, welcher Typ, welcher Fahrzeugtyp, welcher Typ Mensch aus welchen Ländern möglicherweise zur Täterschaft gehört, das ist faktisch dasselbe. Man muss da nicht immer an die Gesetze gehen, man muss das, was man hat an Gesetzen, konsequent anwenden und umsetzen und dann erfolgreich sein.“
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